Dihydrotestosteron (DHT) ist ein Metabolit von Testosteron. Es hat ähnliche, aber viel stärkere Wirkungen. Es wird geschätzt, dass DHT drei- bis sechsmal stärker ist als Testosteron. Beide Hormone werden als Androgene klassifiziert. DHT wird vor allem in den Organen gebildet, in denen es verwendet wird, wie zum Beispiel in der Prostata. Für die Umwandlung von Testosteron in DHT ist in erster Linie das Enzym 5-Alpha-Reduktase verantwortlich.
Interessanterweise binden Testosteron und DHT beide an die gleichen Rezeptoren. DHT tut dies jedoch effizienter. Darüber hinaus sind die Reaktionen auf die Bindung von DHT und Testosteron unterschiedlich. Das meiste DHT im Körper wird im Blut an Proteine wie Albumin und Sexualhormon-bindendes Globulin gebunden. Dies gilt auch für Testosteron. Bei DHT zirkuliert weniger als 1 Prozent des Hormons im Blut frei. Dies ist etwas geringer als die Menge an freiem gegenüber gebundenem Testosteron.
Albumin kann eine grosse Menge an Testosteron oder anderen Sexualhormonen binden, bindet diese Hormone aber nur sehr schwach. Sexualhormonbindendes Globulin hingegen bindet weniger Hormon, dafür aber stärker.
Funktion
Dihydrotestosteron hat eine Reihe von Wirkungen auf den menschlichen Körper. Es dient nicht nur als eine stärkere Form von Testosteron, sondern ist auch ein Vorläufer anderer Steroidhormone.
Es kann auch Hirsutismus und weibliche Kahlköpfigkeit verursachen. Im Gegensatz dazu kann ein Mangel an DHT-Produktion zu Unterschieden in der sexuellen Differenzierung führen, wie zum Beispiel beim Androgen-Insensitivitätssyndrom.
Androgen-Unempfindlichkeitssyndrom
Bedeutung
Die Bedeutung von Dihydrotestosteron ist in verschiedenen Organen unterschiedlich. Hohe DHT-Spiegel sind in einigen Bereichen des Körpers problematisch, während sie in anderen notwendig sind.
Prostata-Krankheit
DHT stimuliert das Wachstum von zwei Arten von Zellen innerhalb der Prostata: Epithelzellen und Stromazellen. Interessanterweise wirkt DHT in Kombination mit Östrogen und führt so zur Prostatavergrößerung. Die bei älteren Männern häufiger vorkommenden Östrogene erhöhen die Anzahl der Hormonrezeptoren in der Prostata. Mit mehr Hormonrezeptoren führt DHT dann effizienter zum Wachstum der Prostata.
DHT wird häufig mit benigner Prostatahyperplasie (BPH) in Verbindung gebracht. BPH kann Symptome wie Schwierigkeiten beim Wasserlassen, häufigeres Wasserlassen und andere Harnprobleme verursachen. Das DHT-induzierte Prostata-Wachstum kann manchmal mit Medikamenten behandelt werden, die die DHT-Konzentration verringern, wie z.B. Finasterid. Finasterid ist ein 5-Alpha-Reduktase-Hemmer.
Männliche Glatzenbildung
Androgene sind wichtig für die mit der Pubertät verbundenen Haarwuchsmuster. Allerdings reagieren nicht alle Haarfollikel auf Androgene in der gleichen Weise. Insbesondere wurde ein Überschuss an DHT sowohl mit dem Bartwuchs als auch mit der männlichen Glatzenbildung in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund können Anti-DHT-Medikamente zur Verbesserung des Haarwuchses auf der Kopfhaut von Männern eingesetzt werden, die unter männlicher Kahlköpfigkeit leiden.
Interessanterweise scheinen die Schambehaarung und der Haarwuchs in den Achselhöhlen eher durch Testosteron als durch Dihydrotestosteron stimuliert zu werden.
Hirsutismus
Bei Frauen, bei denen Gesichts- und Körperbehaarung übermäßig wachsen, kann dies auf eine Überproduktion von DHT zurückzuführen sein. Obwohl es verwirrend erscheinen mag, kann bei solchen Frauen die Blockierung von DHT den unerwünschten Haarwuchs reduzieren. Dies geschieht oft mit denselben Medikamenten, die auch bei Männern mit Glatzenbildung zur Steigerung des Haarwuchses eingesetzt werden.
Warum haben die gleichen Medikamente die entgegengesetzten Wirkungen? Es liegt daran, dass sich die Haarfollikel in jedem Bereich des Körpers so entwickelt haben, dass sie auf verschiedene Arten von Hormonen unterschiedlich reagieren. Wenn bei Frauen der Haarausfall auf der Kopfhaut mit hormonellen Problemen (androgene Alopezie) zusammenhängt, kann er auch mit den gleichen Medikamenten behandelt werden.
DHT und sexuelle Entwicklung
Zusätzlich zu seiner Rolle für die allgemeine Gesundheit und Krankheit hat DHT eine Reihe von Auswirkungen auf die sexuelle Entwicklung und die sexuelle Funktion.
Insbesondere spielt DHT eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der männlichen äusseren Genitalien.
XY-Kinder, die aufgrund eines 5-alpha-Reduktase-Mangels kein DHT produzieren, werden mit feminisierten Genitalien oder zweideutigen Genitalien geboren.
Bestimmte Formen des DHT-Mangels, die nur eines der beiden 5-Alpha-Reduktase-Enzyme betreffen, können sich mit der Pubertät umkehren, obwohl diese Formen ausserhalb spezifischer Populationen selten sind. Bei XX-Personen mit einem 5-Alpha-Reduktase-Mangel kann es zu einem verzögerten Beginn der Menstruation und zu einem verminderten Körperhaarwachstum kommen.
In der Pubertät ist DHT entscheidend für das Peniswachstum. Es wirkt in Kombination mit Testosteron, um die Grösse der männlichen äusseren Genitalien zu vergrössern. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Einnahme von Testosteron oder DHT zu einer Vergrößerung des Penis führt. Erwachsene Männer, die die Pubertät abgeschlossen haben, haben keine Androgenrezeptoren mehr in ihrem Penisgewebe.
Sexuelle Funktion
Die Rolle von DHT für die männliche Sexualfunktion ist immer noch etwas umstritten. Viele der Daten sind indirekter Natur, denn sie stammen eher aus Studien mit 5-Alpha-Reduktase-Hemmern als aus direkten Studien mit DHT-Spiegeln. Dennoch haben eine Reihe von Studien einen Anstieg der erektilen Dysfunktion bei Männern gezeigt, die 5-Alpha-Reduktase-Hemmer einnehmen, um ihre DHT-Spiegel zu senken. Es hat sich auch gezeigt, dass diese Medikamente die Libido und den Sexualtrieb verringern. Daher wird allgemein angenommen, dass DHT eine wichtige Rolle für das sexuelle Verlangen und die Funktion des Mannes spielt.
Obwohl Medikamente, die DHT reduzieren, auch Probleme für die männliche Sexualfunktion verursachen, ist es nicht unbedingt wahr, dass eine DHT-Behandlung die sexuelle Funktion verbessern würde. Höhere Dosierungen sind nicht immer besser. DHT-Spiegel interagieren mit dem Spiegel anderer Steroidspiegel im Blut, und eine Erhöhung des DHT-Spiegels kann andere Hormone, wie zum Beispiel Östrogen, senken. Dies könnte sich möglicherweise negativ auf die männliche Sexualfunktion auswirken.
Fruchtbarkeit
Die Auswirkungen von DHT auf die männliche Fruchtbarkeit sind noch nicht klar. Die Enzyme, die DHT produzieren, sind in der Prostata, im Penis und im Hodensack vorhanden. In den Hoden sind sie jedoch nicht vorhanden. Dies legt nahe, dass die Spermatogenese kein DHT erfordert.
Einige Daten deuten jedoch darauf hin, dass 5-Alpha-Reduktase-Inhibitoren die Spermienproduktion zumindest vorübergehend beeinträchtigen können. Die Verwendung dieser Medikamente wurde in einigen Studien mit einer verminderten Spermienzahl und einem geringeren Spermienvolumen in Verbindung gebracht. Sie wurde auch mit einer verminderten Spermienbeweglichkeit in Verbindung gebracht.
Glücklicherweise scheinen diese Effekte reversibel zu sein, wenn die Behandlung abgebrochen wird. Darüber hinaus wurden in anderen Studien keine Veränderungen der Spermienparameter mit niedrig dosiertem Finasterid beobachtet, so dass weitere Forschung erforderlich ist.
Störungen der sexuellen Entwicklung
Artikel-Quellen (einige auf Englisch)
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